Neben Corviglia und Corvatsch gab es auch einen Skitag im dritten grösseren Engadiner Gebiet: Diavolezza-Lagalb. Diese beiden klassischen Skiberge am Berninapass wurden bereits 1956 respektive 1963 mit Luftseilbahnen erschlossen. Heute ergeben sie zusammen ein unkonventionelles Skigebiet, dessen Zukunft ungewiss ist: lange Abfahrten an Luftseilbahnen, kein unnötiger Schnick-Schnack. Eine Anreise lohnt sich hier nur bei schönem Wetter lohnt, weshalb wir fast bis Ende Woche mit dem Besuch zuwarteten.

Von Celerina aus fährt wie beim Corvatsch halbstündlich ein Bus, der nach Pontresina arg voll war. Nach Pontresina zieht sich das Berninatal nochmals in die Länge, bis schliesslich die Talstation der Diavolezza-Bahn in der Pampa erreicht war. 2 Kabinen warten, dann ging es mit der dreieinhalb Kilometer langen Luftseilbahn hoch auf fast 3000 m.ü.M. Dort oben genossen wir gleich mal die Aussicht auf die Berninagruppe. Für einmal versperrten keine Wolken den Blick auf die höchsten Gipfel der Ostalpen.


Piz Palü (3901 m.ü.M.)


Bellavista (3922 m.ü.M.) und Crast Agüzza


Piz Bernina (4049 m.ü.M.) mit Bianco-Grat


Berninagruppe über dem Morteratschgletscher

Zunächst fuhren wir mehrmals an der kurzen Sesselbahn ganz oben, da unten ja offenbar grössere Wartezeiten herrschten. Hier oben in der Mulde gabs perfekte Schneeverhältnisse, dazu das schöne Wetter. Mit etwa 200 Höhenmetern ist der Hang gerade ausreichend für eine Beschäftigungsanlage, dank den insgesamt vier Pistenvarianten gabs trotzdem etwas Abwechslung. Etwas übertrieben, hier noch von Gletscher oder Firn zu sprechen, es ist nur noch ein im Sommer vermattetes Toteisfeld. Die eigentliche Morteratsch-Gletscherabfahrt war den ganzen Winter hindurch geschlossen, ganz eindeutig lag zuwenig Schnee auf dem Gletscher.


Piste Diavolezzafirn


Bergstation der Gletscherbahn, seit 2000 eine KSB


Überblick über den kurzen Hang an der Sesselbahn


Liftkreuzung mit der Luftseilbahn


und das Ganze von unten

Dann zum ersten Mal die Abfahrt an der Luftseilbahn. Es war nur die rote Hauptpiste geöffnet, alle anderen Varianten waren zu. Die Hauptpiste ist nichts "teuflisches", sondern eher eine meist breite Geniesser-Piste mit drei bis vier längeren Hängen. Mir gefiel die Atmosphäre vor allem in der unteren Hälfte, im Bereich der Baumgrenze. Schade, gibts den früheren Skilift Bernina nicht mehr, der diesen "Zielhang" für direkte Wiederholungsfahrten erschloss. An der Talstation war jetzt noch mehr los, drei Kabinen Wartezeit. Darum ging es bei der nächsten Abfahrt via Verbindungspiste (überraschend schön!) in Richtung Lagalb. Die Schlange am Seillift Bondo war viel zu lang, zu Fuss war man schneller.


125er Kabine der Diavolezzabahn


gegenüber die Lagalb - so sieht ein richtiger Skiberg aus


Zielhang vor der Talstation


auf der schönen Verbindungspiste


Verbindungslift Bondo

Viele Leute wechselten mit der Sonne zur Lagalbbahn rüber, so gabs auch hier längere Wartezeiten. Die sind aber nicht weiter schlimm, im Tagesverlauf kommt man sowieso auf genügend Abfahrten. Im Gegensatz zur Diavolezza ist die Lagalb steiler, anspruchsvoller und eher etwas für sportliche Fahrer. Wer dringend auf KSBs angewiesen ist fährt sowieso nicht hier. Die Hauptpiste bewältigt die 800 Höhenmeter auf abwechslungsreiche Art und Weise, ebenso die schwarze "Minor". Wobei, die war niemals so steil wie angepriesen, in Zinal z.B. geht sowas als rote Piste durch. Nicht offen war die Piste "Bernina". Die rassigen Abfahrten gingen wie im Fluge vorbei.


Aussicht vom Piz Lagalb zur Berninagruppe


Panorama nach Süden über den Berninapass ins Puschlav


erste Abfahrt an der Lagalb


auf der roten Piste Giandas


schwarze Piste Minor, im Hintergrund die Diavolezzabahn

Auch wenn nur noch eine Bahn an der Lagalb steht, kommt man voll auf die Kosten auf den sportlichen Abfahrten. Oben war auch der Schnee sehr gut, unten bei der letzten Rechtskurve war die Piste bald abgerutscht, weshalb ich bald die Offpiste-Abkürzung präferierte. Womöglich ist das die letzte Saison der Lagalb, die Bahngesellschaft möchte sie loswerden. Wäre schade und würde auch die Diavolezza massiv abwerten. Persönlich verstehe ich halt nicht, warum die beiden Talstationen soweit auseinanderliegen, stehen sie doch eh schon im Nirvana 10 Kilometer von Pontresina entfernt. Hätte man von Beginn weg auf eine gemeinsame Station und ein gemeinsames Skigebiet gesetzt, stünde die Lagalb vielleicht besser da.


Zielschuss vor der Talstation


Lagalb-Luftseilbahn in der Totalen


Bergstation auf 2900 m.ü.M.


Überblick über die schön trassierte Hauptpiste

Um 14 Uhr wechselte ich mit dem Bus nochmals zurück zur Diavolezza. Nach und nach wurde es schattig, Leute waren viel weniger unterwegs als am Morgen. So fuhr die Bahn im 20-Minuten-Takt, was allerdings für direkte Wiederholungsfahrten nicht ausreicht. Darum zwischendurch immer wieder ein oder zwei Fahrten mit der KSB als Ergänzung. Am Schluss um 16 Uhr war schliesslich kaum mehr jemand unterwegs auf der Piste.


Bergfahrt auf der kurzen Gletscherbahn


links fährt die Kabine in die Bergstation ein


letzte Abfahrt auf der leer gewordenen Piste

Falls es der letzte Winter an der Lagalb war, kam der Besuch gerade noch rechtzeitig. In der Blütezeit war die Lagalb noch mit den Skiliften am Berninapass verbunden, insgesamt waren es 10 Liftanlagen, heute noch drei, hoffentlich bald nicht noch weniger. An diesem Schönwettertag gabs dreimal so lange Wartezeiten wie an allen anderen Liften im Engadin, es scheint nicht wenige Wintersportler zu geben, denen diese Art von Skigebiet zusagt: lange, höhenmeterintensive Abfahrten, kein unnötiges Schickimicki - einfach noch nicht durchindustrialisiert. Und auch eine tolle Ergänzung zur Corviglia und zum Corvatsch.