Bald war klar, ein Schönwettertag würde das nicht werden, aber die Hoffnung auf blauen Himmel hatte ich noch nicht verloren. Oben auf der Diavolezza angekommen zeigten sich zwar die umliegenden Gipfel, aber unter der dichten Staubglocke war das eine trübe und düstere Angelegenheit. Zum Gewöhnen an die Bedingungen eine erste Abfahrt auf der normalen roten Piste. Bereits zeigten sich die Tücken: null Bodensicht, null Kontrast, als ob Nebel wäre. Spass machte das nicht.
Nach der enttäuschenden ersten Abfahrt fuhr ich oben vier mal an der KSB, in erster Linie um abzuwarten, ob die Sonne mehr durchdrücken würden. Dem war aber nicht so. Immerhin waren aber sämtliche Pisten geöffnet, so wechselte ich zurück zur Luftseilbahn und machte ich je einmal die "Ravulaunas" und die "Schwarzer Hang", welche beide 2016 geschlossen waren.
Dann war Zeit für die Morteratsch-Route, trotz der miesen Sicht. Zunächst dachte ich, dass das vielleicht 30 bis 40 Minuten dauern würde - weit gefehlt. Bereits der erste Hang runter auf den Persgletscher hatte seine Tücken. Im Gegensatz zu den Pisten merkte man hier richtig, dass es länger nicht mehr geschneit hatte. Hart abgefahrene, grosse und unregelmässige Buckel, die unter der Staubglocke ohne jeglichen Kontrast nicht zu erkennen waren. Da war ich auf dem Snowboard so richtig aufgeschmissen. Nicht nur bei mir dauerte es eine Ewigkeit, bis das Steilstück und die Traverse unter den Bedingungen überwunden waren.
Auf dem Persgletscher war es danach arg flach, wobei die Route ja einfach die Gletscherzunge quert. Früher war das ja ein Teil des Morteratschgletschers, mittlerweile sind die beiden wegen des Eisschwundes bereits getrennt. Nach dem zweiten Steilstück bei der Isla Persa erreicht die Abfahrtsroute dann über eine enge Einfahrt die Gletscherzunge des Morteratschgletschers. Hier fährt man nah an Gletscherspalten vorbei, das Eis schimmerte bläulich, schon eindrücklich. Das sollte der schönste Teil der Abfahrt sein.
Nach gut einem Kilometer war bereits das Ende des rapide dahinschmelzenden Gletschers erreicht, der Übergang bei den Gletscherhöhlen bei null Bodensicht war ein reiner Kampf. Unten raus im Val Morteratsch nahm ich zunächst den falschen Weg, der lila Beschilderung entlang, der mich in eine Sackgasse führte. Da wählt man besser die Langlaufloipe, dort kommt man besser vorwärts und muss weniger schieben. Irgendwann wars dann trotzdem geschafft und ich erreichte den Bahnhof Morteratsch.
Die ganze Rutscherei und Schieberei war auf dem Snowboard ziemlich anstrengend, ehrlich gesagt wars ein Kampf und Krampf. Die Wartezeit auf den Zug zurück ins Skigebiet benützte ich fürs Mittagessen und zum Erholen. Eine Stunde später stand ich wieder an der Diavolezza-Bergstation. Die Sicht war jedenfalls nicht besser geworden. Nochmals zwei Abfahrten an der Diavolezza-Bahn, anschliessend noch der Wechsel rüber zur Lagalb.
Zwischenzeitlich musste man befürchten, dass die Lagalb aufgegeben wird, unter dem neuen Besitzer wird sie jetzt doch weiterbetrieben. Leute waren kaum unterwegs, kein Wunder bei der tristen Atmosphäre. Auch hier: alle Pisten geöffnet, das war nicht selbstverständlich. Für vier Fahrten reichte die Zeit noch, dann liess ich es bleiben. Den umständlichen Skipass des Kombiangebots musste ja noch beim Hotel in St. Moritz Bad zurückgegeben werden, was meine Heimreise um mehr als eine Stunde verlängerte.
Schade. So wurden meine hohen Erwartungen nicht erfüllt. Wenigstens konnte ich die Morteratsch-Abfahrt endlich einmal machen, aber bei null Bodensicht wars fahrerisch ein Graus. Trotzdem beeindruckend waren die Gletscherwelten, das ist nicht alltäglich und wird leider immer weniger. Keine Ahnung, wie lange diese Gletscherroute überhaupt noch in der jetztigen Form Bestand haben wird. Jedenfalls war dies das Ende der schwierigen Corona-Wintersaison, während der ich letztlich doch noch einige Tage auf den Schweizer Skipisten verbringen durfte, während der aber auch klar wurde, dass es viel Wichtigeres gibt im Leben.
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