Die Verbindung vom Gebiet Sattel-Hochstuckli nach Brunni-Haggenegg war das grosse Fragezeichen dieses Tages. Im heutigen Zeitalter, wo man sich über jedes Detail im Internet informieren kann, sorgen eben die kleinen Unbekannten für Spannung. Und so war ich neugierig auf die Verbindungsroute, die offiziell geschlossen war.

Zuerst, und das wusste ich, steht ein kräfteraubender Anstieg von knapp 100 Höhenmetern durch knietiefen Schnee bevor. Nicht unerwartet treffe ich bloss zugeschneite Spuren an. Nach einer guten Viertelstunde erreiche ich das Hochplateau des Hochstucklis auf nicht ganz 1600 NN und werde von stürmischen Böen überrascht. Einige Fussstapfen durchziehen hier den Schnee, bald kreuze ich auch zwei Tourengänger. Von hier aus hat man freie Sicht auf den weiteren Verlauf der Route, die den Mythen entgegen zum Haggeneggpass führt. Die erstaunlichen Distanzen zwischen den verschiedenen Knotenpunkten der Mythenregion werden ein Stück weit vorstellbar.


Aufstieg von der Bergstation Hochstuckli zur Verbindungsroute


auf dem Hochstuckli-Plateau


gross im Bild die Mythen, links daneben liegt die Haggenegg, und dahinter befinden sich die weiter entfernten Hänge rund um den Brünnelistock

Nach dem Vergnügen des ersten Hangs wird die Verbindung leider ziemlich beschwerlich. Das nötige Gefälle fehlt, weshalb bei der Querfahrt mehrere zu flache Streckenabschnitte auftauchen. Immerhin wurde hier die Route vor einem oder zwei Tagen gespurt, so ist der Weg unter der Neuschneeschicht gut zu erkennen. Möglicherweise wäre der Widerstand bei frisch gewalzter Verbindung geringer gewesen, aber eigentlich stört es mich ja gar nicht. Denn hier hat man sowieso alle Zeit der Welt, gerade weil man sich abseits der Skigebiete befindet. Als ich die Haggenegg und damit den nächsten Sektor erreiche, bin ich schon ziemlich weit von meinem Ausgangspunkt in Sattel entfernt und habe das erste Stück „Skisafari“ erlebt.


ohne Worte

Das Teilgebiet Brunni-Haggenegg ist das flachste und dementsprechend werden die beiden ewig langen Lifte von vielen Anfängern benutzt. Trotzdem finde ich es reizvoll, wie sich die Pisten durch frisch verschneite Wälder und den vielen Holzhütten entlang schlängeln. Dass der Skipass „Swiss Knife Valley“ nicht rege gekauft wird, wird mir an der Talstation in Brunni ein zweites Mal bewusst: Ich muss den Skipass, den ich in Sattel gekauft habe, umtauschen in eine Access Card. Unglaublich, dass es in einem Skiverbund noch verschiedene Zutrittssysteme gibt, aber das Bünzlidenken kann nicht von heute auf morgen verschwinden.


gemütliche Ambiance am oberen Haggenegg-Lift


die kleinen Mythen von Brunni aus gesehen


ziemlich flache Hänge im Sektor Brunni-Haggenegg


2. Sektion Haggenegg


so sollen Waldpisten sein

Über einen kurzen Verbindungsweg erreicht man die Station der kleinen Pendelbahn zur Holzegg. Sie fährt im Fahrplanbetrieb alle 30 Minuten. Glücklicherweise verlässt die 15er-Kabine bereits nach 2 Minuten Wartezeit die unbemannte Talstation. Bei der Ankunft auf der Holzegg befinde ich mich nun unmittelbar neben dem Grossen Mythen (1899 m.ü.M.) und bin damit im Verlauf des Tages einige weitere Kilometer nach Süden vorgestossen. Dieser markante Koloss lässt sich im Sommer auf einem abenteuerlichen Bergweg besteigen. Aus triftigen Gründen ist das Gipfelrestaurant winters geschlossen.


Verbindungsweg zur Holzeggbahn


Talstation Brunni, der Lift dahinter gehört merkwürdigerweise nicht zum Liftverbund


Grosser Mythen, das Wahrzeichen der Region


Bergstation Holzegg vor dem voralpinen Alpthal

Von jetzt an wird die Liftstruktur richtig spannend; denn über das verwinkelte Gelände hinweg erstreckt sich ein unübersichtliches Netz von mittleren und kürzeren Schleppliften, die fast allesamt einen eigenen Hang erschliessen. Auf den Tal-Berg-Tal-Lift Holzegg folgt der kurze aber knackige Skilift Stägleren. Hier befindet sich die einzige schwarze Piste im Gebiet, weshalb ich mir einige Wiederholungsfahrten gönne.


Grosser Mythen, davor die Holzegg


Blick zum steilen Stägleren-Lift


Bergstation des Stägleren-Lifts; erst am Hang im Hintergrund liegt der nächste Skilift (Zwäcken)


ein weiteres Panoramabild, von der Bergstation Stägleren aus

Per Winterwanderweg komme ich zum Skilift Zwäcken, dessen Bergstation auf dem Brünnelistock (1594 m.ü.M.) liegt. Hier oben treffen sich auch die beiden Liftketten vom Ibergereggpass und von Handgruobi. Ich bemerke, wie die Mythen bereits wieder ein schönes Stück hinter mir liegen – dafür ist das Skigebiet Hoch-Ybrig sehr nahe gerückt.


SL Zwäcken, auch ein tolles Ding


Blick vom Zwäckenlift zum bereits ein Stück entfernten Grossen Mythen

Hoch-Ybrig ist mit der Mythenregion ebenfalls durch 2 Routen verbunden. Leider gibt den Skipass für alle Teilgebiete (Hoch-Ybrig, Iberegergg, Brunni, Sattel) nicht mehr. Wer sich aber den teuren Spass macht und eine zweite Tageskarte ersteht, kann sich hier quasi einen weiteren Sektor „dazukaufen“.


Bergstationen auf dem Brünnelistock, im Hintergrund das Skigebiet von Hoch-Ybrig

Obwohl die beiden Skilifte Alpstubli und Kulm der Ibergeregg ziemlich kurz sind, fährt es sich auch hier gefällig, da man immer wieder neue Routen zwischen den einzelnen Baumgruppen findet, sei es auf oder neben der Piste. Erstmals treffe ich kleinere braune Bereiche auf den Pisten an, die Südlage setzte einigen Stellen etwas zu. Im Grossen und Ganzen sind die Schneeverhältnisse aber angesichts der bescheidenen Höhenlage weiterhin vorzüglich. Positiv fällt mir ausserdem das mühelose Miteinander zwischen Wanderer und Skifahrer auf, das nicht mehr überall selbstverständlich ist.


Überblick über die beiden Lifte an der Ibergeregg


SL Kulm am Sonnehang der Ibergeregg, rechts daneben die Bergstation des kurzen, einladenden SL Alpstubli

Die letzte Etappe der Skisafari beinhaltet mit der Liftkette Handgruobi/Grossenboden den dritten Ast hinauf zum Brünnelistock. Durch Kombination der beiden längeren Lifte erhält man immerhin mehr als 500 Höhenmeter. Auch hier geniesse ich das sorgenlose und ungezwängte Befahren der verschiedenen geistreichen Pistenvarianten. Die enge Waldschneise am Schluss der Abfahrt setzt ein weiteres Ausrufezeichen.


SL Grossenboden


Waldschneise am Ende der Piste nach Handgruobi


Pisten zum Verweilen

Durch die vielen Skiliftfahrten und die anstrengende Verbindungsroute bin ich etwas müde geworden. Darum entscheide ich mich, eine ursprünglich im Raum stehende Idee fallen zu lassen: Früher existierte von Rickenbach aus ein weiterer Zubringer ins Skigebiet – eine Luftseilbahn in 2 Sektionen, wobei eine Piste von der zuvor passierten Holzegg bis zur Mittelstation führte. Ich habe in Erwägung gezogen, diese ehemalige Piste als Varianten-Talabfahrt in Richtung Schwyz zu nutzen. Das schnelle abendliche Eindunkeln, der dichte Nebel, die unklare Schneesituation und ein möglicher längerer Fussmarsch halten mich nun doch davon ab.


Zwäcken-Lift vor der tiefstehenden Sonne

Deshalb wähle ich Brunni als Alternative für die Heimreise. Beim Rückweg dorthin koste ich zunächst noch die variantenreichen Hänge am Skilift Zwäcken aus, bevor ich per Ziehweg, Seil- und Stäglerenlift zur Rothenfluh hinüberquere. Seitdem die vorhin erwähnte Luftseilbahn dorthin nicht mehr in Betrieb ist (es existiert ein Neubauprojekt), steht der kleine Skilift Rotenfluh im Nirvana. Wegen des Bergrestaurants ist er trotzdem in Betrieb und bedient eine kurze rote Abfahrt.


Einsamkeit am kurzen SL Rotenfluh


Bergstation Rotenfluh

Einige Minuten später bin ich wieder auf der Holzegg angekommen und biege, begleitet von den letzten Sonnenstrahlen, in die Talabfahrt ein. Diese ist, wie könnte es anders sein, eine nette, kurvige Waldpiste mit einigen letzten Geländewechseln. Die 45 Minuten Wartezeit auf den Bus werden zunächst mit der Suche nach einer Rückgabestelle für den Skipass und danach mit dem Ausklang bei einem Bierchen in einer der zahlreichen Beizen verbracht.


Talabfahrt nach Brunni


Abendstimmung!!!

Ausser den vorgestellten Bereichen hätte mit der gelösten Skikarte auch noch die Möglichkeit bestanden, den beiden Liften von Rothenthurm, den Seilbahnen von Illgau oder dem Skigebiet von Stoos einen Besuch abzustatten, da all dies auch noch zum Liftverbund „Swiss Knife Valley“ dazugehört. Theoretisch erstreckt sich das „Skigebiet“ damit über beinahe 20km (Luftlinie), die aber kaum an einem Tag zurückgelegt werden können. Noch mehr war für mich gar nicht nötig, denn trotz oder gerade wegen den vielen Skiliften war die Mythenregion, so wie ich sie erlebt habe, genügend mannigfaltig für einen gelungenen und nicht ganz normalen Saisonauftakt.