Während den ersten zwei, drei Stunden hatte ich kurz die Schweizer Seite und die Hänge am Pardatschgrat kennengelernt, nun war der Nachmittag angebrochen, wo sich das Treiben im Skigebiet markant ändert. Die Klientel hat ihre paar wenigen Abfahrten hinter sich gebracht und begibt sich zum Saufen. Die Pisten werden rasch leer. Die Sessellifte werden nur noch mit halber Geschwindigkeit laufen gelassen, da der Andrang nachlässt und man damit die Leute erst recht dazu bewegt, die Pisten zu verlassen. Und immer wieder Notstops, weil Betrunkene nicht Ein- oder Aussteigen können.

Eigentlich sah mein Plan vor, auch noch die Talabfahrt 1 auszuprobieren, bevor sich die Massen darauf stürzen, aber weit gefehlt. Wegen Nassschneelawinen mittlerweile gesperrt, gemeinsam mit der 7 im Velilltal, die ich vor einer Stunde noch gefahren bin. Da ich das erst nach der Idalp bemerkt hatte, kam ich zwangsläufig per 2b auf die 6KSB Nachtweide, wo ich gleich eine Wiederholungsfahrt mit der Piste 2a einlegte. Der ultimative Anfängerhang oberhalb der Idalp war dabei ein Trauerspiel sondergleichen mit sehr vielen sehr schlechten Skifahrern. Dort wurde die einzige Kuppe, wo es kurz überhaupt genug steil für Kurven ist, gleich zum ausgebeulten Tragödienhang.

blaue 2b runter zur Nachtweide-Bahn

6KSB Nachtweide, hier verdoppelt durch die kurze 6KSB Sonnenbahn (bin ich nicht gefahren)

der pure Anfängerhang, umzingelt von lauter flachen KSBs

Blick runter in den Höllboden, dorthin gings dann Tags darauf

Richtig übel wurde es danach auf der 6KSB Velill, wo ich eine Gruppe (osteuropäische) Mitfahrer erwischte, die richtig übel roch. Hatten die Knoblauchzehen en masse gegessen? Nein, waren (immer noch?) sturzbetrunken, hatten sich weder gewaschen noch geduscht, und tranken auf dem Sessel weiter stinkenden Schnaps aus dem Flachmann. Mir wurde es speiübel daneben. Das ist eben die primitive Ischgler Klientel: über 50 Jahre alt, aber es geht nur darum, im Urlaub möglichst blöd zu tun und möglichst viel zu saufen. Zum Fremdschämen.

habe noch selten eine derart widerliche Bergfahrt erlebt wie hier in der 6KSB Velill

weiter auf der 8SKB Flimjoch

auf der ramponierten blauen 11, unten die Industriezone Idalp

Liftverhau oberhalb der Idalp

8KSB Idjoch, lief im Schneckentempo

Am Himmel zog es immer mehr zu, es wurde trüb und diffus. Naja, wenigstens besser so für die von der Wärme durchnässten Pisten. Um 14 Uhr wars Zeit, um zurück auf die Schweizer Seite zu wechseln. Vorher aber noch eine Fahrt auf der blauen 11, wo seitlich eine Raupenbreite frisch präpariert und entsprechend gut zu fahren war. Dann aber zurück auf Schweizer Boden und über die rote 66 zur Alp Bella. Diesen Sektor nahm ich mir für den Nachmittag noch vor. Eigentlich wollte ich gleich auf die 4KSB Grivalea, kam aber bei der Talstation zuweit runter. Dann halt zuerst noch einmal mit der 6KSB Muller rauf und auf der 68 wieder runter.

auf der flachen 62 zurück auf die Schweizer Seite

schmale rote 62a oberhalb der Alp Trida

kurze 6KSB Muller, mit 3000p/h überdimensioniert wie so vieles hier

4KSB Grivalea ganz aussen, um die Uhrzeit menschenleer

Talstationen der beiden Bahnen an der Alp Bella

schliesslich noch die 68a, bevors zurück ging

Etwas mehr hatte ich von der Geländekammer hier aussen im Skigebiet schon erwartet, aber wie so oft: wenns sulzig und warm wird und die Sonne hoch steht, sieht alles etwas ähnlich aus, und die Pisten sind halt alle recht kurz. Da ich erst um 11 Uhr auf die Piste kam, wollte ich schon noch bis Betriebsschluss fahren, also noch einen kurzen Abstecher in die dritte Geländekammer der Samnaun-Seite bei Salaas.

68b zurück zur Alp Trida

Liftverhau auf der Alp Trida, schön ist anders

die Zeit reichte noch für eine Bergfahrt mit der Viderjoch 1...

... und eine Abfahrt zum Salaas

einziger Skilift heute: Blais Gronda

Blick von dessen Bergstation in die Geländekammer Salaas

Das war es dann, blieb noch die Talabfahrt nach Samnaun Compatsch übrig. Warum ich bewusst diese Talabfahrt wählte, obwohl meine Unterkunft im grösseren Samnaun Dorf lag? Wie ich am Vorabend herausfand, hat sich Samnaun und insbesondere Samnaun Dorf komplett dem Duty-Free-Exzess ergeben. Nur noch Duty-Free-Shops, Boutiquen und Hotels. Normale Lebensmittel-Läden? Fehlanzeige. Einzig in Samnaun Compatsch gibts mit dem Prima in der Sennerei noch eine vernünftige Einkaufsmöglichkeit. So konnte ich den Einkauf gleich nach der Talabfahrt erledigen. Auf jener wird man dann mehrmals per Pisten-Werbung auf das "Duty-Free-Erlebnis" hingewiesen, zudem der selten dämliche Name Duty-Free-Run.

blaue 63, hier noch etwas Gefälle

Blick von der gleichen Stelle abwärts zur Alp Trida

Talabfahrt 60, oben topfeben

Zielhang oberhalb Samnaun Compatsch

Von Compatsch nach Samnaun Dorf kam ich mit dem Ortsbus relativ zügig. Schon schade, wie sich Samnaun als Zollausschlussgebiet komplett über den Duty-Free-Konsum definiert. Ursprünglich mal ein romanisches Bergdorf, wird heute tirolerisch gesprochen.Die vielen Tankstellen und die zahlreichen, sich ähnelnden Shops stehen wie deplatziert in der Bergwelt, genausowenig passt die Geiz-ist-Geil-Mentalität hierhin. Hauptsache Konsum. Dadurch kommt auch kein Talabschluss-Feeling auf wie beispielsweise in verschiedenen Walliser Südtälern. Man spürt richtiggehend: da hat ein Bergdorf seine Seele verkauft.