Champex-Lac ist eines der kultigsten Skigebiete der Schweiz. Neben Langlaufloipen, Schneeschuhtrails und Schlittelbahnen gibts hier tatsächlich auch ein kleines, kultiges Skigebiet. Würde man nicht glauben, denn eigentlich hats dafür an den schroffen Bergen keinen Platz. Als im Herbst 2012 die Bergstation der Hauptsesselbahn in Brand geriet, blieb das Skigebiet im folgenden Winter geschlossen, und sein Ende wurde befürchtet. Doch das Geld für einen neuen Sessellift konnte zusammengekratzt werden, und das kuriose Skigebiet ist noch nicht Geschichte. Totgesagte leben länger!
Ganze drei Nasen waren bei Betriebsbeginn um 9:30 an der Talstation im tiefverschneiten Champex. Zum Schleuderpreis von 28 Franken gibts die Tageskarte zusammen mit La Fouly, wo ich sowieso nachmittags noch hinwollte. Für 10 Franken Aufschlag kriegt man die ganzen Pays Saint Bernard mit Liddes und Marécottes. Zwei Sesselbahnen hat man hier an den Berg La Breya gezimmert, das Schlachtross dabei ist die "untere" 2SB von Baco-Poma, die wie schon erwähnt 2013 für 2.5 Millionen neu gebaut wurde. Und ja, die Bahn ist ultrasteil. 700 Höhenmeter auf einer Strecke von 1300 Metern, das flache Startstück mitgerechnet - damit der steilste Sessellift Europas. Während der Bergfahrt gibts schöne Tiefblicke auf die Passhöhe und den See.
Talstation und die untere 2SB in der Totalen
Blick zurück aufs weniger steile Startstück
sausteil der Lift
Tiefblick auf Champex-Lac
9 Minuten dauert die Bergfahrt auf dem Sessellift
Die zweite Sesselbahn ist deutlich kürzer, aber kaum weniger steil. Sie ermöglicht Wiederholungsfahrten für Serientäter im Combe de Breya. Zwei schöne rote Pisten hat man angelegt und super präpariert. Vorderhand gabs hier ein Privatgebiet für mich, zudem jede Menge Pulverschnee. Da sonst niemand unterwegs war, konnte ich eine Spur nach der anderen in den Hang rechts neben den beiden Pisten ziehen. Lange nicht mehr so tolle Schneeverhältnisse erlebt! Einfach geil hier.
Bergstationen im Container-Design
rote Piste Combe 1
auf der oberen 2SB kurz vor der Bergstation
Lifthund an der Talstation (ja, er passt wirklich auf!)
Piste Combe 2 - mehr Tier- als Skispuren
Combe 2 - herrlich zu fahren
Überraschenderweise gibts hier eine blaue Talabfahrt. Einmal ins Hochtal Val d'Arpette hinein und einmal zurück, so werden die 700 Höhnmeter ziemlich flach bewältigt. Ein sehr schattiges Tal, darum ein einziger Tiefkühler. Landschaftlich aber extrem eindrücklich und zudem fernab jeglicher Infrastruktur. Vor allem die zweite Hälfte als rassige Waldpiste gefiel mir. Die Pisten müssen hier nicht für 4000 p/h planiert werden, eine Raupenbreite reicht aus. Die schmale Trassierung macht die Talabfahrt zusätzlich spannend. Bei der "Ausfahrt" am Tal ein kurzer Ziehweg, bevor man den Zielhang am kuppelbaren Stangenschlepper Petite Breya erreicht. Den hat man 2009 auf neuer Strecke gebaut, er ist aber nur bei Riesenandrang oder schlechtem Wetter in Betrieb. Auf der ganzen Talabfahrt extrem feiner Pulverschnee.
Einfahrt ins Val d'Arpette
sehr feiner Schnee auf der blauen Talabfahrt
schön schmall trassiert durch tiefverschneite Wälder
Zielhang vor der Talstation
schöner Pulverschnee unten am Petite Breya
die obere DSB in der Totalen
Zwei weitere Talabfahrten gibts auch noch: Zum Einen als Variante im Val d'Arpette die blaue Piste Vallon. Sie führt ganz nach hinten ins Talende, mitunter durch Lawinenkegel gefräst, und dann auf dem Talboden zurück. Erst am Schluss nach der Brücke muss kurz geschoben werden. Zum Anderen hat man in den Steilhang unterhalb der kurzen Sesselbahn eine schwarze, anspruchsvolle Direttissima in den Wald geholzt. Schliesslich gibts im Dorf noch den kurzen Skilift Lac, der auch Nachtskifahren anbietet. Dorthin kam ich aber nicht mehr, denn die Zeit im Hauptgebiet verging wie im Fluge.
Piste Vallon: um 11 Uhr noch keine Spur zu sehen
Niemand da. Der Eindruck täuscht, dieses Pistenstück hat durchaus Neigung.
sehr steil und nicht präpariert die schwarze Talabfahrt
super Pulverschnee im Combe de Breya
230 Höhenmeter auf 560 Metern Länge
Aussicht zum Genfersee
Im Vorfeld hatte ich mich sehr auf Champex gefreut, und es war einfach der Hammer. Kaum zu glauben, welche Vielfalt die beiden Zweiersesselbahnen erschliessen: Steilhänge, Hintenrumpisten, Autobahnen, dazu jede Menge Möglichkeiten ausserhalb der Pisten. So waren auch die meisten anderen Gäste (ja, es kamen doch noch mehr Leute!) Freerider, die hier sowas von auf ihre Kosten kommen. Keine Ahnung, wie das Skigebiet rentieren soll, man kennts ja kaum, man kommt gar nicht auf die Idee, dass da ein Skigebiet steht. Gerade deswegen ist das Skigebiet gleichzeitig bizarr und genial.
0 Kommentare