Der Gemsstock bei Andermatt zählt zum Kreise der klassischen Skiberge, die per Luftseilbahn erschlossen werden. Die wenigen Pisten sind sportlich lang, abwechslungsreich trassiert und teilweise hefitg steil. Dazu gilt der Berg als Freeride-Eldorado, weshalb sich hier Skifahrer und Snowboarder zusammenfinden, für die der Sport an sich das A und O ist. Eben die typische Klientel, wie man sie z.B. auch an der Diavolezza und teilweise am Schilthorn antrifft.


Blick vom Parkplatz auf die Luftseilbahn

Beim ersten Kennenlernen des Skigebiets zwei Monate zuvor erwischten wir miserable Bedingungen am Andermatter Hausberg, doch nun an einem Wochentag der Nebensaison - ohne Wartezeiten und bei besseren Wetterverhältnissen - sollte der Gemsstock eine zweite Chance erhalten, denn an seiner Charakteristik an sich fand ich nach wie vor Interesse. Um 8 Uhr 30 waren wir bereits an der Talstation. Rasend schnell ging es mit den beiden Luftseilbahnen 1500 Höhenmeter hinauf auf den Gemsstock, wo wir um exakt 9 Uhr ankamen. Eisig kalter Südwind erwartete uns, dazu eine Temperatur von weniger –10°C. Im Laufe des Tages wurde es noch etwas wärmer, doch an der für den Alpenhautpkamm typischen Wettersituation mit Wolken und Nebel entlag den Gipfeln änderte sich nichts mehr. Somit waren die obersten 100 Höhenmeter in einer diffusen Suppe eingehüllt, während der Grossteil der Pisten von der noch schwachen Frühlingssonne bestrahlt wurde.


Bergstation Gemsstock auf 2960 m.ü.M.


die eindrückliche Strecke der 2. Sektion


genialer Steilhang der schwarzen Russi-Piste


die ganze Geländekammer am Gemsstock

Gegen 10:30 wechselten wir zum Lutersee-Lift, den ich im Januar zuvor nie gesehen hatte und den Weg dahin im dichten Nebel vermutlich auch nicht gefunden hätte. Er bedient eine recht anspruchsvolle rote Piste, besass allerdings ein steiles, schmales und extrem seitlich abfallendes Trassee. Durchaus eine Abwechslung, aber nicht für mehrere Stunden.


Skilift Lutersee - eine Dreiecksanlage


Bergstation Lutersee


Übersicht über den Lutersee-Hang mit seiner schön trassierten Piste

Wie waren denn nun eigentliche die Paradepisten bei besseren äusseren Bedingungen? Wieder einmal wurde mir bewusst, wie viel die Sicht ausmachen kann. Denn besonders die schwarze Russi-Piste, die bisher auf den Gemsstock-Bildern zu sehen war, war kaum weniger hart als bei meinem Besuch zwei Monate davor. Doch jetzt, "mit Durchblick", fühlt man sich viel sicherer und steht konsequenter auf die Kanten, so dass ich das steile Gelände richtig geniessen konnte. Sowieso gefiel mir der Streckenverlauf dieser Piste mit gegen 900 Höhenmetern.


imposante Rampe, die von der Gemsstock-Station zu den Gletscherpisten hinunterführt


Nebelbänke in alpiner Umgebung


Skigebiet Hospenthal-Winterhorn im Westen

Die obere Sektion der Luftseilbahn ist die eigentliche Beschäftigungsanlage. Da das Gebiet, auch wegen wieder einmal unzutreffenden Prognosen von SF Meteo, nicht stark frequentiert war, liess man die Kabinen im 15Minuten-Takt zur Hälfte gefüllt fahren. Auf der Dachterrasse der Bergstation änderte sich das Wetter quasi von Minute zu Minute.


Aufhellung, 2 Minuten nach dichtestem Nebel


rudimentäre Katakomben der Gemsstock-Station

Im Gegensatz zu den langen, steilen Gemsstock-Pisten wirkt der Bereich rund um die Gurschenalp ein wenig langweilig. Die 2 bis 3 blauroten Varianten von kaum einem Kilometer Länge waren nicht allzu berrauschend. Der Skilift war nicht in Betrieb, die 2SB kam mit dem hier stärkeren Andrang gerade noch zurecht.


Talstation des Skilifts Gurschenalp, im Hintergrund die Oberalp-Strecke


Talstation der 2SB Gurschen


Station Gurschen - der Knotenpunkt im Gebiet


Strecke der gut gefüllten 2SB

Während des ganzen Tages hielt ich mich fast ausschliesslich auf den markierten Pisten auf. Denn ein Offpiste-Versuch hielt wegen zu hartem Schnee nicht, was er versprach, und 5 Tage zuvor konnte ich an einem Neuschnee-Tag in den Flumserbergen schon genug Gebrauch davon machen.

Zum Schluss sei noch die rote Sonnenpiste vorgestellt: Die ständige Wechsel zwischen kurzen Wegen, Schussstrecken und Hängen mit unterschiedlicher Neigung gepaart mit der abgelegenen Lage vom Gemsstock hinunter machen sie ziemlich einmalig.


auf der völlig abseits gelegenen Sonnenpiste


Paradehang der Sonnenpiste, leider etwas kurz


ein letzter Blick ins Skigebiet während der Talfahrt

So konnte ich mit einem recht gelungenen Tag die durchschnittliche Saison 06/07 abschliessen. Zum Glück hatte ich es nochmals mit dem Gemsstock versucht. Nicht widerlegte Kritkpunkte blieben die eben doch bescheidene Grösse (abgesehen von den Freeride-Möglichkeiten) und die für schlechte Sicht ungenügende Markierung der Russi-Piste. Am Abend spürt man den fehlenden Komfort, denn mit Pendelbahnen als Beschäftigungsliften steht man nonstopp auf den Füssen. Aber ich fand genau das, was ich zuallererst von einem Gebiet verlange: abwechslungsreiche und lange Abfahrten, anspruchsvolles Gelände und eine mit der Natur möglichst im Einklang stehende Infrastruktur.