In der Romandie durchaus beliebt, in der deutschsprachigen Schweiz hingegen gänzlich unbekannt: Ovronnaz liegt am sonnigen Nordhang zwischen Martigny und Sion. Trotz durchschnittlicher Höhe gilt es als sehr schneesicher, da es von verschiedenen meteorologischen Staulagen profitieren kann. Als eher kleines Skigebiet eignete es sich für den ersten von drei Tagen in Martigny, da die Anreise ins Unterwallis einiges an Zeit beanspruchte. Bereits während der längeren Zugsfahrt kündigte sich ein Traumtag bei Kaiserwetter an...

Vor geschätzten 10 Jahren verbrachte ich schon eine Woche in Ovronnaz, lernte es damals aber nur in geringem Masse kennen. Seither durchlief das Skigebiet einige der für das letzte Jahrzehnt üblichen Veränderungen. Ich war gespannt, ob und wie das den Charakter der Station verändert hat. Gleich positiv angetan war ich von der teilweise neuen Talstation: ein ideal getimter Shuttlebus, ein Skiraum, wo ich das Gepäck abladen konnte, und ein sympathisches Kassengebäude, dessen Säulen mit den Namen verschiedener Skilifte bemalt wurde. Um 11 Uhr kaufte ich mir die vergünstigte Tageskarte und dann ging es endlich los.


im oberen Streckenabschnitt der Sesselbahn Ovronnaz-Jorasse, links der Châtillon-Skilift

Die meisten Pisten des Skigebiets befinden sich in südöstlicher Hanglage, im Bereich der Baumgrenze. Die Natur will es, dass hier das Gelände von grösseren und kleineren Felsen unterteilt wird und sich daraus verschieden Mulden ergeben, ähnlich wie in Airolo. Während den letzten Jahren wurde der zentrale Bereich sehr stark verändert. Da wäre einmal die neue, recht kurze Sesselbahn "Col Express", die eine bereits zuvor existierende Piste nun direkt erschliesst. Zum Glück wurde die neu benötigte Pistenkapazität nicht durch eine Planierung und Verbreiterung der bestehenden Piste, sondern durch neue Pistenvarianten an geeigneten Stellen erreicht.


erste Fahrt auf dem Col Express


4KSB Col Express mit der lawinensicheren Stütze


Talstation Col Express


Blick in Richtung Col du Fenestral; hierhin existierten Ausbaupläne

Bei den ersten Abfahrten bemerkte ich auch sogleich die ausgezeichneten Schneeverhältnisse dank 20 cm Neuschnee vom Vortag. Der Wahnsinnsspass im butterweichen Schnee sollte den ganzen Tag anhalten. Meine Befürchtung, dass das Skigebiet von Liften zugepflastert sein könnte, löste sich schnell in Luft aus. Rund um Jorasse stehen nun zwar viele Bahnen nahe nebeneinander und jede Piste wird direkt von einem Lift bedient. Doch dank dem offenen Nadelwald und den oben angesprochenen Geländemulden fügt sich alles nur dezent ins Landschaftsbild ein.


unterster Abschnitt am Col Express - dezent aber informativ hier die Pistenbeschilderung


die gut versteckte Station Jorasse auf 1940 m.ü.M.


zentral gelegene Pisten mit der Six Armaille im Hintergrund. Sie wird vom Skigebiet komplett umringt.


Piste am Col Express. Früher war dies quasi eine Hintenrum-Piste im Zentrum des Skigebiets

Als Abschluss der Umstrukturierung wurde im Sommer 2009 der Skilift Bougnonne durch eine fixgeklemmte Sesselbahn ersetzt. Sicher eine sinnvolle Investition, da der Lift auch Zubringer ist und sich deshalb grössere Schlangen am Vorgänger gebildet hatten. Davor hatte man den kleinen Skilift Combe du Dimanche vorbildlich an einen anderen Standort verlegt, damit die sich dort aufhaltenden Anfänger nicht den Fortgeschrittenen an den Sesselbahnen in die Quere kommen. Das alles wirkte sehr durchdacht, begünstigt natürlich durch die geringe Frequentierung an diesem Montag.


Talstation der neuen 4SB Bougnonne, farblich sehr gelungen


Bergstation Bougnonne


schöne, wenn auch etwas kurze Piste - im Hintergrund Ovronnaz und das Rhonetal

Grosse Freude kam danach am Skilift Châtillon auf. Wegen den neuen Sesselliften verlor dieser weiter an Bedeutung, weshalb er bei meinem Besuch ausschliesslich den Variantenfahrern überlassen wurde: keine präparierte Piste, überhaupt nicht hergerichtete und seitlich krass abfallende Lifttrasse, Zugang zu vielen Routen im steilen Gelände. Sowas hat Stil, geil!


Téléski difficile Châtillon :)


Skilift Châtillon - Präparation Fehlanzeige


Offpiste am Skilift Châtillon


Skilift Châtillon - 400 Höhenmeter auf 1100m Strecke

Zwischendurch lassen sich in Ovronnaz immer wieder mal die Talabfahrten machen. Dank ihnen vergrössert sich die machbare Höhendifferenz und die Ausdehnung beträchtlich, denn es sind zwei echte, lange Pisten in spannender Muldenlage. Trotz des frisch gefallenen Schnees machte sich hier die harte Kunstschneeunterlage etwas bemerkbar. Naja, auf 1400 m.ü.M. am Sonnenhang ist dies eben die einzige Möglichkeit, um zuverlässig eine Piste herrichten zu können.


Panorama zu den Walliser Alpen (u.a. Weisshorn)


schwarze Talabfahrt

Nach einer kurzen Pause begab ich mich in die Geländekammer des Skilifts Tsantonnaire: Genial trassiert durch ein grosses Felstor, und wie es sich für Stangenschlepper gehört mit ordentlich Höhenmeter und einer Kurve. Er bedient nicht nur die höchsten, sondern auch die schönsten Pisten in Ovronnaz. Besonders Spass machte hier auch das Fahren neben den Pisten, direkt unterhalb der Felsen, wo es noch frischen Pulverschnee gab. Deshalb blieb ich gleich für 5 Fahrten am Tsantonnaire.


Blick von der Bergstation Bougnonne zum langen Tsantonnaire-Skilift


die kuppelbare Bergstation Tsantonnaire auf 2463 m.ü.M.


der eindrückliche Stangenschlepper Tsantonnaire


Panorama durch den Col du Fenestral zum Mont Blanc


Zoom zur Tita Sèri


Pisten zum Geniessen

Der Skilift "Petit-Pré d’Euloi" befindet sich im Rücken des restlichen Skigebiets. Dank der sonnigen Lage und der Schneebar ist auch diese Ecke im Skigebiet recht beliebt. Ich sparte mir diesen Lift für den späteren Nachmittag auf, um möglichst viel von der Sonne "zu haben". Dank diesem Hang kann man bei Ovronnaz auch von einer kleinen Skischaukel sprechen, was wiederum dazu führt, dass die gefühlte Ausdehnung des Skigebiets grösser ist als die tatsächliche.


Schneebar am Skilift Petit Pré


der doch eher flache Skilift Petit Pré


auch hier fanden sich kürzere Pulverhänge

Selbst am späten Nachmittag waren die Pisten in einem ausgezeichneten Zustand, eisige Stellen gab es kaum. Dazu dürfte auch die Muldenlage der meisten Pisten etwas beitragen haben. Vor der endgültigen Talabfahrt bleib ich noch eine Weile am Col Express und liess es etwas gemütlicher angehen. Bereits war ich fast der Einzige im Skigebiet, obwohl die Lifte noch einige Zeit in Betrieb gewesen wären.


Zoom zum Grand Combin


letzte Fahrt am Col Express

Nach diesem, leider etwas kurzen, Besuch kann ich Ovronnaz als Geheimtipp nur weiterempfehlen. Es war ein optimaler Auftakt zu meinen drei Tagen im Unterwallis. Vielleicht ist mein Eindruck von den wenigen Leuten im Skigebiet gefärbt, doch es machte wirklich jede Ecke im Skigebiet Spass – das dürfte sicher auch daran legen, dass man jeder Ecke einen Sinn gegeben hat. So ist Ovronnaz ein Vorzeigebeispiel, wie man Modernisierungen sinnvoll angehen kann.