Das Skigebiet von Scuol war schon einige Jahre auf meiner Liste, da es mir noch unbekannt war und von der Grösse her ideal für einen Tagesausflug ist. Jetzt, einen Tag nach dem Neuschneeausflug nach Schwarzsee war es soweit. Die Anreise ins Unterengadin nach Scuol zieht sich ein wenig in die Länge, ich will nicht wissen wie das früher vor dem Bau des Vereina-Tunnels war. Das Skigebiet gehört zu den drei Dörfern Ftan, Scuol und Sent, wobei nur in Ftan und Scuol Zubringerbahnen starten. Oben erschliesst im Wesentlichen eine Reihe von kuppelbaren Sesselbahnen die baumfreien Hänge zwischen 2100 und 2700 m.ü.M. Kein kleines Skigebiet, aber nichts Aussergewöhnliches oder speziell Alpines.

Allem Anschein nach gabs nur oben im Höhengebiet Neuschnee, unten hatte es bloss geregnet. So waren die Südhänge oberhalb Scuol bis weit hinauf ausgeapert, abgesehen vom braun-weissen Kunstschneeband der Talabfahrt. Mit der Zubringer-Gondel ging es schnell und steil hinauf nach Motta Naluns. Dort schliesst die 6KSB Schlivera an, welche 2003 den damaligen Dreifach-Skilift ersetzt hatte. Heute ist sie fast eher eine Art zweite Zubringer-Sektion denn eine Beschäftigungsanlage, denn direkt bei Motta Naluns gibt es nicht viel mehr als die Anfänger-Lifte und die blaue Piste an der 6KSB. So fuhr ich von der Bergstation Schlivera gleich rein in die Schneeschüssel Jonvrai. Mit den drei KSBs, die auf Jonvrai in verschiedene Richtungen starten, ähnelt sie stark der Station Marguns oberhalb Celerina.


die 2009 gebaute Gondelbahn in der Totalen


auf der 6KSB Schlivera


eine Hochleistungsbahn


Einfahrt in die Schneeschüssel Jonvrai


noch herrscht schönes Wetter

Als erstes fuhr ich gleich an der längeren Salaniva-KSB. Tags zuvor war sie noch geschlossen, weshalb man sich nun so richtig im Tiefschnee austoben konnte. Bei der roten Piste 18 wurde nur der Ziehweg unten präpariert, quasi als Ausfahrt vom Tiefschnee-Fahren. Dies ermöglichte mir zwei geniale Abfahrten in (mindestens beim ersten Mal) fast unverspurtem Gelände. Alleine dafür hatte sich die Anreise gelohnt, und das sollte auch der eindeutige Höhepunkt des Tages bleiben.


frischer Pulverschnee an der 4KSB Salaniva


die ersten Spuren werden gezogen


unten die Station Jonvrai, am Gegenhang die Clünas-Bahn mitsamt Pisten


toller Pulverschnee


Jonvrai auf 2158 m.ü.M.

Bereits jetzt war klar, dass das sonnige Wetter nicht mehr lange anhalten würde. So fuhr ich via Mot da Ri hinauf zum Champatsch-Doppellift, der in seiner nicht allzu steilen Geländekammer hinauf auf 2783 m.ü.M. führt. Hier gab es zunächst 5 Minuten Wartezeit, da der linke Skilift defekt war. Drei verschiedene Pisten werden erschlossen, die dann auch recht dicht befahren waren, sobald wieder beide Lifte in Betrieb waren. Da gefielen mir die Tiefschneevarianten zwischen den Pisten doch besser.


auf der 4KSB Mot da Ri, welche zwei Skilifte ersetzte


nebenan die Champatsch-Geländekammer


leider gerade Defekt am linken Lift


Talstation der Champatsch-Lifte


rote Pisten an den Champatsch-Liften

Nachdem ich die Champatsch-Pisten abgefahren war, gings weiter zu den KSBs Clünas und Mot da Ri, und dann auf die Talabfahrt nach Scuol. Die blaue Schlivera-Piste war nicht spannend, hier sollte ich später auch gar nicht mehr vorbeikommen. Die Trassierung der Talabfahrt empfand ich als relativ abwechslungsreich, und Schiebestücke / Ziehwege gabs auch kaum. Leider aber schlechter Schnee: mal hart, mal abgefahren, unten bereits sehr braun (vom Regen?) und schon fast weggeschmolzen. Die unteren zwei Drittel der Talabfahrt waren zwar noch fahrbar, aber nicht mehr.


auf der blauen Hauptpiste der Mot da Ri Bahn


an der Schlivera-Bahn


Talabfahrt nach Scuol


teilweise schon sehr kritische Pistenverhältnisse


kurz vor der Talstation


der Skilift Rachoegna bereits im Sommerschlaf

Als nächstes testete ich den westlichen Bereich des Skigebiets: runter nach Prui und Ftan. Auf der waldigen Talabfahrt nach Ftan war die Sicht etwas besser als oben, wirklich überzeugend fand ich aber diesen Teil des Skigebiets nicht. Die neue Sesselbahn von Prui nach Clünas war unbequem, und die Pisten etwas traversen-lastig. Danach fuhr ich noch mehrmals rund um Clünas, Mot da Ri und Jonvrai. Die Pisten waren nun natürlich schon ziemlich verfahren, der Schnee schwer geworden, was meinen Eindruck vermutlich getrübt hat. An der Mot da Ri Bahn war nur eine der beiden schwarzen Pisten geöffnet.


die neue 6KSB Prui-Clünas in der Totalen


2015 als Ersatz für einen Doppelskilift gebaut


im Zubringer von Ftan


Talabfahrt nach Ftan - wenig beeindruckend


an der Clünas-Bahn


Wetterbesserung am Sessel Mot da Ri


Champatsch-Schlepper in der Totalen, zuoberst sinds nicht ganz 2800 m.ü.M.

Nachmittags fuhr ich noch wenige Male auf der Salaniva-Piste, die ich morgens ausgelassen hatte, und dann wartete zum Abschluss die sogenannte "Traumpiste" auf mich: die Talabfahrt nach Sent. Vermutlich das landschaftliche Highlight im Skigebiet, gehört anscheinend zu einem Tag in Scuol irgendwie dazu. Leider wieder schlechte Sichtbedingungen, so bekam ich nur eine Idee davon, wie sie eigentlich wäre: einge lange Piste, mehr als 1200 Höhenmeter weg vom Skigebiet. Die letzten Hänge waren dann sogar beschneit, bevor man auf einem Ziehweg Sent erreicht. Nach einigen Minuten Fussmarsch quer durchs Dorf erreicht man den zentralen Dorfplatz, wo auf den übervollen Bus gewartet wird. Solche langen Talabfahrten weg vom Skigebiet gefallen mir ja meistens. Im Gegensatz zu anderen in Graubünden wie jenen nach Lumbrein, Küblis oder Ladir/Ruschein wird sie hier auffällig promotet, entsprechend wird sie viel reger befahren.


rote Piste links der Salaniva-Bahn


4KSB Salaniva, im Gegensatz zum Morgen jetzt bereits verfahren


unten bereits zu erahnen Sent


auf der Traumabfahrt von Salaniva nach Sent


fast 1300 Höhenmeter fernab von Liftinfrastruktur


unten dann ein Kunstschneeband


auf dem Dorfplatz wird auf den Postbus gewartet

Das Skigebiet von Scuol ist ein typisches modernes, fast fertig ausgebautes Industrie-Skigebiet ohne spezielle Merkmale, spektakuläre Landschaft oder aussergewöhnliche Aussicht. Die Haupthänge sind ok, an der Clünas-Bahn gibts viele Pisten, doch es wirkt alles ein bisschen gleichförmig, beispielsweise haben mich die Sesselbahnen Schlivera und Prui nicht speziell eingeladen für Wiederholungsfahrten. Einen grossen Teil der Ausdehnung erhält das Skigebiet von den Talabfahrten nach Ftan, Scuol und Sent. Und die Talabfahrt nach Sent ist dann auch das Aushängeschild als wirklich lange Pistenvariante fernab von Liftinfrastruktur. Dies das strenge Fazit; losgelöst von den Neuschnee-Bedingungen, dank denen ich morgens einige tolle Offpiste-Fahrten geniessen konnte.