Nach dem Besuch der Westseite bringt mich nach kurzer Wartezeit der Gratis-Skibus im Uhrzeigersinn um den Heidsee herum nach Canols zur Talstation der Rothornbahn. Um 13 Uhr 20 erreiche ich so die mir noch unbekannte Ostseite des Skigebiets. Ich finde die Verbindung überhaupt nicht mühsam und kann jene Leute nicht verstehen, die sich über so was aufregen können. Eine Viertelstunde Pause gönnt man sich ja sonst auch ab und zu.
Nach der Fahrt mit der älteren Gondelbahn bemerke ich, dass der Skilift Crappa Grossa nicht in Betrieb zu sein scheint, aber ich möchte sowieso gleich zum Parpaner Rothorn hinauf. Eine tolle Luftseilbahn mit 60er-Kabinen bringt mich zur höchsten Bergstation im Gebiet auf 2865 NN. Während der Fahrt werden die frischen Spuren zwischen den steilen Felswänden betrachtet, da müssen schon echte Könner am Werk gewesen sein. Den angepriesenen „Blick auf 1000 Gipfel“ kann ich wegen den äusseren Bedingungen nicht vollumfänglich geniessen, dafür ist die Bewölkung zu dicht, ausserdem herrschen –14°C.
Luftseilbahn Rothorn
Panorama zur Westseite mit Stätzerhorn und Windegga (die ich aus Zeitgründen nicht auch noch befahren konnte)
Blick hinunter zum gegenüberliegenden Piz Scalottas
Die Piste vom Rothorn hinunter ist die einzige hochalpine im Gebiet - eine richtige Genussabfahrt zwischen Gipfeln hinunter, vorbei an den wenigen Überresten der ehemaligen Totälpli-Bahn zur leider zu flachen Galerie, welche die Leute zurück ins eigentliche Skigebiet bringt. Nach dem Skiweg wähle ich eine Variante hinunter zur Mottahütte, auf der ich leider einen heftigen Felsen erwische.
Totälpli-Abfahrt, richtig angenehm zu fahren
Totälpli
Einfahrt in die Skigalerie
Skigalerie
Als nächstes ist die 2KSB Schwarzhorn an der Reihe, wo mich ein weiteres Mal der Tiefschnee anlockt; beide Seiten der Piste kommen einmal dran. Möglicherweise hatte die Ostseite am Karfreitag etwas mehr Schnee abbekommen als ihr Gegenüber. Bin ich nun vorerst unschlüssig, wohin ich mich begeben könnte, wird mir das auf der Piste 5 bald klar: Auf die Traverse habe ich keinen Bock, und rechts hinunter verläuft das Gelände der dieses Jahr nicht hergerichteten Beltrametti-Piste. Dies ist der neue Weltcup-Hang der Lenzerheide, benannt nach ihrem Erbauer, der 2001 bei jenem tragischen Rennen in Val d’Isère so brutal stürzte. In diesem freien Hang ist es ein Leichtes, unverspurte Bereiche zu finden. Die sich verziehenden Wolken vergünstigen das Vergnügen noch, wenngleich die Sicht den ganzen Tag durch makellos war.
schwarze Piste oberhalb der Motta-Hütte
markantes Gebäude der Talstation Schwarzhorn
2KSB Schwarzhorn
Heimbergsessel und Parpan
Mit der neuesten Bahn im Gebiet, der 4KSB Heimberg, fahre ich wieder bergwärts und traversiere hinüber zum 6-Bubble Weisshorn. Obwohl die Monsteranlage mit mehr als 700 Metern Höhendifferenz leicht quer zum Hang verläuft, finde ich auch hier freie Hänge, deren Befahren ein wahrer Spass ist. Nach der 3. (nur!) Skiliftfahrt heute mit dem Bügellift Scharmoin nehme ich rote 8, um zur Mittelstation zu gelangen. Nun sehe ich, weshalb der Skilift Crappa Grossa still steht: Die Umlenkscheibe an der Bergstation ist gebrochen, das Seil entgleist und somit nicht mehr gespannt. Deshalb liegen diverse Bügel im Schnee. Keine Ahnung wie so was passieren konnte, ich bin bloss heilfroh, während des Vorfalls nicht auf dem Skilift gewesen zu sein. Pünktlich um 15:45 fährt mich die Luftseilbahn ein 2. Mal auf das Rothorn.
auf der Heimberg-Bahn
6-Bubble "Weisshorn-Speed"
Offpiste am Weisshorn
Weisshorn-Mulde
Bergstation Crappa Grossa mit entgleistem Seil
Skilift Crappa Grossa
Als krönender Abschluss dient mir ein Couloir, das nach der Galerie gleich hinunter in die Weisshorn-Mulde abfällt. Zweifellos das steilste Stück, das ich heute befahren habe, aber dank dem griffigen Schnee ein wahrer Genuss. Hatte ich gestern Abend noch kurz überlegt, heute einfach im Bett zu bleiben und auszuschlafen, weiss ich nun endgültig, warum ich hier bin und dass es eindeutig die richtige Entscheidung war. Weiter geht es teils auf, teils neben den Pisten über den Heimberg nach Parpan. Dies ist führ heute mit 1400 Höhenmetern auch die längste Abfahrt. Mit einer letzten Fahrt an der Heimberg-4KSB klingt der Tag aus. Ich bin wieder am Startpunkt der Tour angekommen, womit die Runde komplett ist.
spannendes Couloir am Weisshorn
Panorama am späten Nachmittag
die elegante Rothorn-Bahn
Hatte ich bis anhin bloss die Westseite gekannt, war es für mich ein geniales Erlebnis, die ganze Runde zu absolvieren. Die beiden Seiten ergänzen sich nicht nur wegen der Hanglage ideal. Die Westseite ist eher im Standard-Style gehalten, wird aber dadurch interessant, dass mehrere Geländekammern erschlossen werden. Die Seite mit Rot-, Weiss- und Schwarzhorn ist etwas kleiner dafür alpiner. Beide Seiten verfügen über Pisten aller Schwierigkeiten, im Wald und im freien Gelände, und bieten zusammen genug Möglichkeiten für mehr als einen Tag. So war die Rothorn-Piste der einzige längere Abschnitt, den ich zweimal befahren habe.
Parpan, Talstation Heimberg und Stätzerhorn
Parpan am Abend
Busbahnhof Chur
Über 11'000 Höhenmeter – davon ein beträchtlicher Teil im Gelände – haben mich ziemlich müde gemacht. Kein Wunder, dass ich später, während der Zugfahrt durchs Schnee- und Regengestöber, einschlafe. Dank Neuschnee, einem abwechslungsreichen Skigebiet und überraschend gutem Wetter war dieser Tag einer der vielen Höhepunkte des Winters.
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