Eine Schneeschüssel mit Nordausrichtung, drei kürzere Skilifte. So what? Was auf den ersten Blick nach einem langweiligen, kleinen Skigebiet tönt, ist auf den zweiten Blick schon etwas interessanter und ungewöhnlich. Denn es gibt weder Zubringer noch Strasse ins Skigebiet! Die drei Skilifte gehören zu den beiden Berghäusern Arflina und Heuberge, dazu gibt es einen 12 Kilometer langen Schlittelweg hinunter nach Fideris. Und dieser ist der einzige Weg ins Skigebiet heraufzukommen: Zwischen 9 und 13 Uhr fährt alle 30 Minuten ein Konvoi von ein, zwei oder drei Kleinbussen von Fideris den schneebedeckten Schlittelweg hinauf zu den Heubergen. Anders kommt man nicht rauf. Mehr wusste ich nicht und war gespannt, wie das funktionieren würde.

Nun, im Dorf Fideris gibt es tatsächlich eine Art "Talstation". Das Gebäude einer ehemaligen Sägerei wurde umfunktioniert, es gibt Kasse, Skibar und Wartebereich. Um 9 Uhr 20 kam ich da an, kaufte den Tagespass für 33 Franken, und bald darauf wurde ich einem Kleinbus zugeteilt und mein Snowboard verstaut. Prima-Service, war alles vorzüglich organisiert, wobei es an den Wochenenden sicher zu längeren Wartezeiten kommt. Dann gings los. Die Bergfahrt auf dem engen Schlittelweg dauerte 25 Minuten, waren immerhin 1000 Höhenmeter. Der Schlittelweg ist morgens selbstverständlich als solcher geöffnet, sprich es herrscht Gegenverkehr zwischen Schlittlern und Bussen, beim Kreuzen wirds verdammt eng. Und so wird hier die bereits die Anreise ins Skigebiet zu einem kleinen Abenteuer.

angekommen beim Berghaus Arflina

Bei der bescheidenen Kapazität liegt es auf der Hand, dass im Skigebiet nur wenige Tagesgäste da sind. Man fokussiert sich auf Lager und Gruppenausflüge. Auch sonst ist sanfter, entspannter, stressfreier Tourismus angesagt, es ist ein Ort für Skitouren, Schlittelfahrten und Winterwanderungen. Nun, Zeit sollte ich mehr als genug haben. Die Busse fahren zum Berghaus Arflina, und von da steigt man beim Skilift Gams ins Skigebiet ein. Er ist der einfachste Lift, ideal für die Lager, so gab es da tatsächlich Wartezeiten.

Skilift Gams, hinten noch teilweise im Schatten der Skilift Heuberge

erste Bergfahrt im Skilift Gams

nebenan der Skilift Arflina, eigentlich der längste hier

Hauptpiste am Skilift Gams, unten das Berghaus Arflina

Die ersten Eindrücke waren doch etwas enttäuschend. Der Schnee war recht nass, schwer und dadurch langsam, auf den Pisten am Gams-Lift kam ich kaum vorwärts. Weiter oben war der Skilift Arflina nur bis zur Hälfte geöffnet, oben fehlte der ganze Steilhang. So erschloss er nicht viel mehr als blaue Ziehwege. Vor allem blieb so wenig Höhendifferenz übrig.

Skilift Arflina, hier war ich quasi alleine

offen nur bis zum Mittelausstieg, das ganze obere Steilstück fehlt somit

blaue Pisten am Skilift Arflina

auf der linken Piste, flach sind beide Varianten

Völlig klar, dass man es da auch mal neben den Pisten versucht. Der Schnee war sehr seltsam. Mal Eisflächen (da es Tage zuvor bis weit hinauf geregnet und gestürmt hatte), mal Frühlingsschnee, mal Pulverschnee. Jede Kurve war etwas anders. Landschaftlich nett war die Abfahrt nördlich des Skilifts. Anschliessend wechselte ich quer durch die Schneeschüssel zum dritten Skilift, "Heuberge". Unten eher steil, oben flach und zwei leichte Kurven.

Offpiste nördlich vom Arflina-Lift

Skilift Heuberge, unten doch recht knackig

Skilift Heuberge, vor der ersten Kurve

oben sehr flach: Skilift Heuberge mit Pisten

Zwar nur 250 Höhenmeter, aber hier machte es jetzt Spass. Am besten war die rote Piste direkt neben dem Lift: oben zum Geniessen, unten der sportliche Steilhang, Privatpiste war sie sowieso. Da machte ich ein um die andere Wiederholungsfahrt. Auch die rote Aussenrum-Piste nördlich war nett, die blaue Aussenrum-Piste südlich dagegen zu flach. Sie braucht im Wesentlichen, um zurück zu den anderen beiden Skiliften zu kommen. Auch hier gab es viel Platz neben den Pisten, man musste einfach die Eisflächen umfahren.

Blick zurück auf die obere, flache Hälfte

der etwas steilere Zielhang

Start zur Aussenrumpiste

Auf der Aussenrumpiste. Gegenüber der Bereich Arflina mit Skiliften, zahlreichen Winterwanderwegen und der Bergstrasse. Man merke sich schon mal den Hang hinten rechts...

Offpiste nördlich des Heuberg-Lifts...

... und auch südlich

Mit zahlreichen Fahrten am Heuberge-Skilift wurde es dann schnell Mittag. Die Lager machten sich auf die Heimreise, die Tourengänger und Winterwanderer waren jetzt unterwegs - so hatte ich quasi ein Privatgebiet. Auf den Pisten war keine Sau, und neben den Pisten gabs auch massig Platz in der Schneeschüssel. Mehr Platz kann man nicht haben in einem Skigebiet. Wegen dem festen Schnee war die Lawinengefahr relativ klein. Also machte ich mich am Nachmittag auf, als Tagesabschluss die obere Hälfte des Arflina-Lifts zu Fuss hochzulaufen. Wenn schon der Lift nur unten offen war. Auf den Eisflächen sank ich meistens nicht ein, trotzdem waren die 200 Höhenmeter rauf zum Hinteregggrat mit Snowboard anstrengend.

Panorama während dem Aufstieg

endlich oben auf 2350 m.ü.M. angekommen!

Aussicht vom Hinteregg-Grat nach Norden

Wie im ganzen Skigebiet gabs auch dort oben kein spezielles Panorama, dafür ist das Sichtfeld in der Schneeschüssel zu stark eingeschränkt. Dafür wurde der Aufstieg belohnt mit einer genialen Variantenabfahrt in nordöstlicher Richtung. Ein fast unverspurter Kessel, absolute Ruhe, keine Menschenseele. Da kommt man sich ganz klein vor in der Natur. Bei der Einfahrt oben musste ich etwas vorsichtig sein, danach war die Abfahrt im unberührten Firnschnee top. Unten dann nach und nach einzelne Spuren, bis schliesslich der Schlittelweg erreicht war.

gleich gehts hier runter, quasi noch unberührt

Winteridylle

oberhalb der Bergstrasse sammeln sich die wenigen Spuren

Blick zurück, oben links startete meine Abfahrt

Die 500 Höhenmeter waren schnell vorbei, aber das wars noch nicht. Ein, zwei Kilometer fuhr ich auf dem Schlittelweg runter, danach am Hang oberhalb Fideris ist man nicht mehr darauf angewiesen. Stattdessen gibt es zahlreiche spannende Abkürzungen im recht steilen Gelände, über Stock und Stein. Schnee gabs am schattigen Nordhang gerade genug dafür, und die verschiedenen Hänge waren richtig abwechslungsreich. Bis etwa 1100 m.ü.M. runter gings gut so, dann nochmals ein Stück auf dem Schlittelweg, bevor man oberhalb von Fideris über Feld und Sportplatz bis in den Ortskern fahren kann. Genial! In Fideris angekommen, kam auch nach nur einer Minute Warten das Postauto nach Schiers und Landquart, also perfekt aufgegangen.

zurück auf dem Schlittelweg

Offpiste-Abkürzung

vor einer der kritischen Stellen

Überholen war nicht möglich, hier fuhren die Busse als Dreier-Karawane

zum Schluss noch ein netter Hang ins Dorf hinein

Letztendlich wurde der Tag viel spannender, als ich das erwartet hatte. Die Anreise im Kleinbus auf dem Schlittelweg ist ein Alleinstellungsmerkmal des Skigebiets und dosiert die Anzahl Leute im Skigebiet massiv. Oben ist es mit all den friedlichen Winterwanderwegen und dem ewig langen Schlittelweg ein natürliches Winterparadies ohne jegliche Hektik. Und für mich war die Variantenabfahrt zum Schluss mit weit mehr als 1000 Höhenmetern natürlich bombe. Schön, gibt es noch solch ungewöhnliche, aber gleichwohl attraktive Skigebiete!